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Staatsbürgerschaftsrecht: Novellierung des Staatsbürgerschaftsgesetz - Ein Überblick über die Neuerungen seit 2013

Im Juni 2013 wurde das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG 1985) novelliert. Zuvor wurde die Verfassungskonformität des StbG 1985 aufgrund der nicht mehr zeitgemäßen Ungleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern berechtigterweise durch die Rechtsprechung in Zweifel gezogen. Auch wurde kritisiert, dass gut integrierte Personen die gleichen Voraussetzungen wie alle anderen Staatsbürgerschaftswerber erfüllen mussten, um die Staatsbürgerschaft zu erlangen. Auf diese Kritikpunkte reagierte der Gesetzgeber durch zahlreiche Neuerungen des StbG 1985. Diese betreffen insbesondere die Verleihung der Staatsbürgerschaft an gut integrierte Fremde, die Gleichstellung unehelicher mit ehelichen Kindern (insbesondere hinsichtlich des Staatsbürgerschaftserwerbs kraft Abstammung), Erleichterung der Einbürgerung von Adoptivkindern und die Adaptierung des "gesicherten Lebensunterhaltes". Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Änderungen durch diese Novelle, welche am 1. August 2013 in Kraft traten, skizziert werden:

Verleihung der Staatsbürgerschaft an gut integrierte Fremde

Durch die Schaffung eines neuen Tatbestands für die Verleihung der Staatsbürgerschaft wird besonders gut integrierten Personen nunmehr ermöglicht bereits nach mindestens sechsjähriger Aufenthaltsdauer eingebürgert zu werden. Weiterhin müssen jedoch die allgemeinen Voraussetzungen gem § 10 StbG erfüllt sein (z.B., dass durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft die internationalen Beziehungen der Republik Österreich nicht wesentlich beeinträchtigt werden darf). Der Gesetzgeber sieht hinsichtlich des neuen Tatbestandes grundsätzlich 2 Möglichkeiten vor.

Die österreichische Staatsbürgerschaft kann Personen einerseits nach mindestens sechsjährigem Aufenthalt in Österreich verliehen werden, wenn diese den Nachweis dafür erbringen, dass sie der deutschen Sprache auf B2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GERS) mächtig sind. Ein derartiger Nachweis wird unter anderem vom ÖSD, Goethe-Institut, bei der Telc GmbH, oder beim Österreichischen Integrationsfonds ausgestellt.

Andererseits gilt für Personen, welche das B2-Niveau ihrer Deutschkenntnisse nicht nachweisen können, dass auch mit dem Nachweis des B1-Niveaus und dem Nachweis der „nachhaltigen persönlichen Integration“ in Österreich die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen werden kann. Für die „nachhaltige persönliche Integration“ muss eine Tätigkeit nachgewiesen werden, die dem Allgemeinwohl in besonderer Weise dient und einen integrationsrelevanten Mehrwert für seine Integration in Österreich darstellt. Dies ist vom Fremden und der jeweiligen Institution jeweils im Rahmen einer schriftlichen Stellungnahme ausführlich zu begründen. Die bloße Tatsache, dass der Staatsbürgerschaftswerber einen geregelten Beruf in Österreich ausübt oder sich anderweitig dem kulturellen Umfeld anpasste, reicht somit für die Anforderungen des erforderlichen Nachweises nicht aus.

Was unter dem weiten Begriff „nachhaltige persönliche Integration“ zu verstehen ist, verdeutlichen die im § 11 a Abs 6 Z 2 StbG 1985 aufgezählten Beispiele. So wird beispielsweise genannt:

  1. Das mindestens dreijährige freiwillige, ehrenamtliche Engagement – nicht nur die bloße Mitgliedschaft – in einer gemeinnützigen Organisation (z.B. Blaulichtorganisation). Achtung: Durch Tätigkeiten in einem Verein, welcher desintegrativ wirkt, wie z.B. Tätigkeiten in einem Verein zur Förderung ausländischer Kulturen, wird eine „nachhaltige persönliche Integration“ nicht nachgewiesen werden können.
  2. Die mindestens dreijährige Ausübung eines Berufes im Bildungs-, Sozial- oder Gesundheitsbereich, sofern das daraus erzielte Einkommen durchgängig die monatliche Geringfügigkeitsgrenze gemäß § 5 Abs. 2 ASVG erreicht hat.
  3. Die Bekleidung einer Funktion in einem Interessenverband oder einer Interessenvertretung für mindestens drei Jahre hindurch – derartige Tätigkeiten können das Berufsleben als auch das außerberufliche Leben betreffen (z.B. Tätigkeit in einem Betriebsrat oder Tätigkeit als Elternvereinssprecher).

Gleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern

Durch die Novellierung wurde die unterschiedliche gesetzliche Behandlung von ehelichen und unehelichen Kindern beseitigt. So wurden insbesondere die Regelungen des Staatsbürgerschaftserwerbs kraft Abstammung neu gefasst. Vor der Novellierung galt gemäß § 7 Abs 3 StbG 1985 (alt), dass uneheliche Kinder die österreichische Staatsbürgerschaft mit der Geburt nur in jenen Fällen erwarben, in denen die Mutter österreichische Staatsbürgerin im Zeitpunkt der Geburt war. Nunmehr gilt, dass alle Kinder – sowohl eheliche als auch unehelich – die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben, wenn ein Elternteil zum Zeitpunkt der Geburt Staatsbürger(in) ist, der (österreichische) Vater die Vaterschaft anerkannt hat, oder die Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.

Erleichterung der Einbürgerung von Adoptivkindern

Die Novellierung sieht hinsichtlich der Einbürgerung von Adoptivkindern ein vereinfachtes Verfahren mit kürzeren Fristen vor. § 11b Abs 1 StbG 1985 determiniert, dass einem im Bundesgebiet aufhältigen Kind, das das 14.Lebensjahr noch nicht vollendet hat und die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, die Staatsbürgerschaft auf Antrag zu verleihen ist, wenn es von einem Staatsbürger an Kindesstatt angenommen wurde (sofern durch die Verleihung der Staatsbürgerschaft die internationalen Beziehungen der Republik Österreich nicht wesentlich beeinträchtigt werden, das Kind zur Republik bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt). Die Verleihung ist von der Behörde binnen sechs Wochen ab Antragstellung vorzunehmen.

Verleihung auch bei nicht hinreichend gesichertem Lebensunterhalt

§ 10 StbG normiert die allgemeinen Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft. Diese müssen – wie bereits erwähnt – auch bei einer Verleihung der Staatsbürgerschaft an gut integrierte Fremde vorliegen. Durch die Novellierung dieses Paragraphs wurde die Voraussetzung des hinreichend gesicherten Lebensunterhalts eingeschränkt: Wenn der Staatsbürgerschaftswerber nachweisen kann, dass er seinen „Lebensunterhalt aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen dauerhaft nicht oder nicht in ausreichendem Maße sichern kann“, ist ihm die Staatsbürgerschaft mangels hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes nicht zu versagen. Durch diese Einschränkung finden nunmehr im Unterschied zur alten Regelung jene Personen, welche aufgrund einer Behinderung nicht erwerbstätig sein können, ihre Berücksichtigung.

Ihr Law Experts Rechtsanwalt für dieses Rechtsgebiet: Dr. Wiesflecker, Rechtsanwälte Österreich, Attorneys Austria.

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